Checkliste Porsche 356
Man sollte sich grundsätzlich entscheiden, ob das neue gute Stück ein Restaurationsobjekt oder ein seriöses, fertiges Fahrzeug werden soll. Alles was dazwischen liegt kann finanziell ein Faß ohne Boden werden. Es gehört einiges an Erfahrung dazu, hier Grenzen zu ziehen und den wirklichen Zustand zu erkennen.
Reparaturen an der Karosserie sind sehr kostenträchtig. Beim Besichtigen eines 356 sollte hier der Hauptaugenmerk liegen. Die Technik ist mittlerweile auch nicht mehr zum Discountpreis zu haben, vor allem nicht im Bereich des Motors. Das Gerede „ Ist ja alles wie beim Käfer…“ kann man getrost vergessen, das trifft nur auf mehrere grundsätzliche Konzeptionen zu. Es sind nur einige wenige Teile, die man aus dem Käferregal nehmen kann.
Die Außenhaut der Karosserie besteht aus mehreren, stumpf verschweißten Blechteilen. Erforderliche Angleichungen wurden mit Zinn vorgenommen.
Ein wichtiges Werkzeug zum Prüfen der Blechteile ist ein Schichtdickenmeßgerät, notfalls ein kleiner Magnet. Mit dem Meßgerät wird die Dicke des Lackauftrags festgestellt. Spachtelstellen oder Zinnauftrag können damit lokalisiert werden. Haftet der Magnet nicht, befindet sich unter dem Lack Spachtel oder ein anderes nichtmagnetisches Material, z. B. Zinn.
Ein sehr wichtiges Indiz sind die Spaltmaße an Türen und Hauben. Sie betragen im Original nur 3mm. Hier erkennt man sehr schnell unsachgemäße Arbeiten. Angleichungen z. B. an den Türen wurden im Original mit Zinn vorgenommen. Das bedeutet, das die Tür aus Fahrzeug A nicht unbedingt in das Fahrzeug B mit gleichen Spaltmaßen passen muß.
Besonders gefährdete Bereiche der Karosserie:
- Komplette Reserveradwanne
- Längsholm (Wagenheberaufnahme)
- Bodenblech, vor allem im Anschluß an den inneren Längsholm und vordere Seitenwände
- Vorderer Abschluß (Brille) oberhalb Scheinwerfer und bei den Belüftungsöffnungen
- Vorderkotflügel
- Hintere Kotflügel im Bereich C-Säule/nahe Öffnung Motorraum
- Einstiegblech
- Hinteres Abschlußblech
- Bereich um die eingeschweißte Vorderachse
- Verstärkung für die Aufnahme der hinteren Drehstäbe
- Türen, außen unten und Boden
- Haube vorn (Spitze) und “Tankstellenknick“ am Haubenrahmen, nähe Scharnier
Natürlich können auch andere Partien vom Rost befallen sein, je nach Reifegrad. Bei Brille und hinterem Abschlußblech kommt es auch zu Spachtelorgien nach Unfallschäden.
Je dicker der Unterbodenschutz umso aufmerksamer sollte man sein. Da gibt es wohl etwas zu verstecken.
Ein gut hergerichtetes Fahrzeug ist von unten außer einer Lackierung nur mit einer dünnen Schicht Steinschlagschutz, Wachs oder mit Spezialfett behandelt.
Testen:
- Zustand der Chromteile
- Zustand der Gummidichtungen
- Wie schließen die Türen und Hauben
- Besichtigen von unten, am besten auf Bühne (Taschenlampe)
- Zustand Bodenblech unter Teppich, Anschluß an Holm und Seitenwand
- Sitzen die Stoßstangen gerade
- Bodenblech und Innenholm, Dämmpappen vorhanden?
Gegen das Licht seitlich am Fahrzeug entlang schauen, an den Spiegelungen lassen sich Verwerfungen im Blech leicht erkennen.
Hier noch einmal: Spaltmaße beachten.
Technik:
Vorderachse konstruiert wie beim Käfer, jedoch eingeschweißt. Es passen einige Teile von VW, aber nicht alle.
Hinterachse/Getriebe im Grundsatz wie Käfer, jedoch kräftiger ausgelegt.
Bremsanlage mit Aluminiumtrommeln bei 356A und B. Hier ist der Zustand der inneren Stahlringe, also der Bremsfläche, wichtig. Kann man ohne Demontage nicht kontrollieren. Wenn das Alu OK ist können neue Ringe eingezogen werden. Auch auf äußere Korrosion der Alu-Trommeln achten.
356Aund B haben insgesamt 6 Radbremszylinder, die schnell rosten wenn die Wechselintervalle der Bremsflüssigkeit nicht eingehalten werden.
Beim 356C (Scheibenbremsanlage) auf rostige Bremsscheiben achten. Rost deutet auf fest sitzende Bremssättel hin.
Ebenfalls beim C auf die Heizbirnen (Wärmetauscher) achten, Ersatz ist nicht ganz billig.
Prüfen:
- Spiel in der Radaufhängung (Achsschenkel- und Bundbolzen), dazu hochbocken
- Lenkspiel, bei Mittelstellung sollte kein Spiel vorhanden sein
- Stoßdämpfer, Super 90 und SC sind serienmäßig mit Koni ausgestattet
- Bei S90: Hintere Waagebalkenfeder vorhanden? Bei C/SC Sonderausstattung
- Zustand der Alu-Bremstrommeln
- Sind die Ankerplatten hinten verölt?
- Felgen auf Originalität, Standard 4,5x15“, von Lemmerz oder Kronprinz
- Ölverlust am Getriebe, zeugt meist von hoher Laufleistung
- Getriebelager, vornehmlich hinten, prüfen
- Ölverlust am Motor
- Motor Kompression prüfen
- Motor Öldruck prüfen, bei Besichtigung wohl nicht möglich
- Äußerer Zustand des Motors, Verblechung usw.
- Heizbirnen (am Motor) und deren Betätigung
- Heizklappen und deren Betätigung
- Zustand und Dichtigkeit Auspuff
Das Getriebe läßt sich in gutem Zustand leicht schalten und verursacht nur minimale Geräusche. Kann man am Schalthebel „rühren“ sind wohl die Buchsen in der Schaltstangenkupplung defekt.
Der Motor entspricht im Prinzip dem Käfermotor, nur ist alles etwas kräftiger und somit für mehr Leistung ausgelegt. Zum Starten am Gaspedal pumpen (kalter Zustand), wenn alle Zylinder gezündet haben, sollte er auch rund laufen.
Seit einigen Jahren werden vermehrt „Big Bore“ Kolben/Zylindersätze bei Überholungen verwendet. Spendiert dem Motor einen Hubraum von 1720ccm und sorgt für mehr Elastizität, vor allem bei Super 90 und SC. Nicht alle sind von guter Qualität, aber einige wesentlich preiswerter als z. B. die neu aufgelegten Teile von Mahle. Originale, neue Kolben für Motor 60 PS gibt es nicht mehr im Handel.
Innenausstattung:
Lederausstattung beim Porsche 356 bedeutet nur Sitze mit Leder bezogen, sonst nichts. Alles andere war im Original Kunstleder.
Begutachten:
- Zustand von Lenkrad und Blinkerhebel (Umstellung auf Fernlicht)
- Zustand der Sitze, “durchgesessen“?
- Lehnenverstellung der Sitze auf Funktion
- Chromringe der Instrumente
- Funktion der Fensterheber
- Schließung und Arretierung der Dreiecksfenster
Elektrische Anlage:
Ein 12V Bordnetz gab es beim 356B/C nur auf Sonderwunsch. Für eine einwandfreie Funktion der Elektrik müssen bei den 6V Anlagen alle Kontakte in Ordnung sein. Der Blinker muß in der richtigen Geschwindigkeit schalten und die Warnblinkanlage muß in allen Betriebszuständen funktionieren. Gerade beim nachgerüsteten Warnblinker kommt es oft zu Verdrahtungsfehlern. Bremslicht und hinteres Blinklicht verwenden die gleiche Lampe, das erfordert eine etwas andere Verdrahtung.
In die Batterie kann man bei einer Besichtigung nicht hineinschauen, aber feststellen ob es zumindest eine “Schwarze“ mit 84Ah ist.
Ein Blick unter das Armaturenbrett kann nicht schaden, gibt es einen Drahtverhau mit vielen zusätzlichen Verbindern war der “Fachmann“ am Werk.
Prüfen:
- Batteriehalterung vorhanden?
- Zustand der Gummiunterlagen (Blinkleuchten vorn/hinten)
- Zustand der Lampenkappen, blind oder Risse?
- Läßt sich die Helligkeit der Armaturenbeleuchtung einstellen?
- Evtl. Schiebedach auf Funktion prüfen
© Rüdiger Köchy